19-tägige Motorradreise durch den Pamir

Willkommen im kirgisischen Osch, dem Tor zum Pamir! Nach dem langen Flug heißt es erst einmal durchatmen, ankommen und die müden Knochen bei einem Spaziergang durch die Stadt durchschütteln. Am Nachmittag übernehmen wir unsere Motorräder und drehen eine kleine Eingewöhnungsrunde, um uns mit Maschine und Straßenverhältnissen vertraut zu machen. Beim gemeinsamen Abendessen lernen wir uns kennen und lassen den Tag gemütlich ausklingen.

Der erste Fahrtag beginnt! Wir verlassen Osch und rollen hinein ins sattgrüne Fergana-Tal – eine der fruchtbarsten Regionen Zentralasiens. Schon bald lassen wir die letzten Dörfer hinter uns, die Straße schraubt sich durch weite Ebenen und sanfte Hügel, bevor wir bei Batken die Grenze nach Tadschikistan überqueren. Das quirlige Chudschand, die zweitgrößte Stadt des Landes, empfängt uns mit lebhaften Basaren, dem Duft frischer Gewürze und einem Hauch Seidenstraße am Ufer des Syrdarja.

Heute wird’s bergig! Hinter Chudschand steigen die Straßen an und führen uns tief hinein in die Turkestan-Kette – eine schroffe, wilde Region, die nicht umsonst als „asiatisches Patagonien“ bezeichnet wird. Wir fahren entlang reißender Gebirgsflüsse, durchqueren den langen Shahriston-Tunnel und tauchen danach ein in eine andere Welt: rauer, karger, aber voller Magie. Entlang des Serafschan-Flusses schlängeln wir uns durch enge Schluchten, bis am Abend das gemütliche Städtchen Penjikent auftaucht – unser Tor zur Geschichte der Seidenstraße.

Heute tauschen wir 2 gegen 4 Räder und überqueren die Grenze nach Usbekistan. Samarkand liegt in unmittelbarer Nachbarschaft. Diesen Ausflug nicht zu machen, wäre nicht zu verzeihen. Goldene Kuppeln, filigrane Mosaike, jahrtausendealte Geschichten – hier atmet jeder Stein Geschichte warten in der legendären Stadt an der alten Seidenstraße auf uns. Beim Abendessen über den Dächern der Stadt lassen wir die Einrücke Revue passieren und bewundern anschließend den stimmungsvoll beleuchteten Registan-Platz, der auch heute noch als einer der schönsten Plätze der Welt bezeichnet wird. 

Nach dem Frühstück geht es zurück nach Penjikent wo unsere Motorräder auf den weiteren Einsatz warten. Wir nehmen die Straße zurück durch das Serafshantal unter die Räder. Nach zirka 100 Kilometern bieten wir Richtung Süden ab und schrauben uns bis an den auf 2.200 Meter gelegenen Iskander Kul Alexander See hoch. Diese Strecke hält spektakuläre Aussichten und ein Finale auf Schotter bereit. Unsere Unterkunft liegt direkt am Südufer des Moränensees. Der Name des Sees geht übrigens auf Alexander den Großen zurück, dessen Pferd der Legende nach im See ertrunken sein soll...

Kurve um Kurve führt uns der Anzob-Pass mit seinen engen Serpentinen hinauf – und wieder hinab in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe. Nach der einsamen Berglandschaft wirkt die Stadt fast surreal: breite Boulevards, schattige Parks und moderne Cafés. Am Nachmittag bleibt Zeit für einen Stadtspaziergang oder einen Besuch des Basars, bevor wir den Tag bei tadschikischen Spezialitäten ausklingen lassen. 

Mit Duschanbe haben wir auch Beginn des legendären Pamir Highway erreicht. Über 1.250 km schlängelt er sich durch das Hochgebirge bis nach Osch. Mit ein paar Abstechern und dem Umweg über das Wakhantal meistern wir diese Strecke in den kommenden Tagen.

Je nach Straßen- und Wetterverhältnissen folgen wir heute entweder der gut ausgebauten Südroute oder dem ursprünglichen, wilden Weg über den Kaburabot-Pass – eine der abenteuerlichsten Straßen Zentralasiens. Unterwegs halten wir in kleinen Teehäusern, die wie Oasen am Wegesrand liegen. Am Abend erreichen wir Kalai-Chumb, wo wir unser Gästehaus direkt am Fluss beziehen – eine gemütliches und komfortables Gästehaus.

Heute erwartet uns ein Fahrtag wie aus einem Abenteuermagazin: Wir folgen der beeindruckenden Schlucht, die der Panj-Fluss tief in das Gebirge geschnitten hat – immer entlang der Grenze zu Afghanistan, das auf der anderen Seite des Flusses liegt. Am Nachmittag erreichen wir Rushan, wo wir im gemütlichen Gästehaus diese spektakuläre Etappe ausklingen lassen.

Bevor es heute weiter auf dem Pamir Highway Richtung Süden geht, unternehmen wir einen Abstecher in das spektakuläre Bartang Tal. Es ist eine der Möglichkeiten den Pamir zu durchqueren. Für Fahrzeuge ist es im Sommer im oberen Verlauf des Tals aber meist aufgrund des hohen Schmelzwasserpegels unpassierbar. Wir fahren hinein bis zum gleichnamigen Dorf Bartang. Hier wartet zum Mittagessen ein kühles Bad im Wasserfall direkt neben einem riesigen Steinfeld mit Petroglyphen darauf von uns erkundet zu werden. Zurück geht es dann zur Flussmündung und weiter Flussaufwärts am Panj in die lebendige Provinzhauptstadt Khorog - das Zentrum des Pamirs.

Vor der herausfordernden Fahrt durch den Ostpamir ist Khorog genau der richtige Ort zum Durchatmen und Auftanken. Wir nehmen uns Zeit das Leben der kleinen Stadt mit ihren sympathischen Bewohnern auf uns wirken zu lassen. Der Basar, der Botanische Garten oder eine der gemütlichen Teestuben ist genau der richtige Ort dafür. Wer möchte unternimmt am Nachmittag eine kleine Motorradtour in das angrenzende Shokhdara Tal. Eine Nebenstrecke des Pamir Highway, der von Khorog aus durch das Gunt Tal weiterverläuft. 

Einer der spektakulärsten Fahrtage dieser Reise liegt vor uns. Wir verlassen den Pamir Highway und biegen ab in den legendären Wakhan-Korridor. Die Piste folgt dem Panj-Fluss, der hier die Grenze zu Afghanistan bildet. Immer wieder öffnet sich der Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Hindukusch – eine Landschaft von fast überirdischer Schönheit. Auf dem Weg nach Ishkashim – den südlichsten Punkt des Flusses – passieren wir alte Festungsanlagen, während sich am Horizont die ehrfurchtgebietenden Gipfel des Pik Marx (6.723 m) und Pik Engels (6.507 m) erheben. Die Nacht verbringen wir in einem Gästehaus bei den Ruinen von Yamchun, wo wir am Abend in den heißen Quellen von Bibi Fatima entspannen – mit Blick auf die Berge im Abendlicht.

Der Tag beginnt mit grandiosen Panoramen: Wir folgen dem Wakhan-Tal weiter nach Langar, wo sich Wakhan und Pamir zum mächtigen Panj vereinen. Hinter Langar endet der besiedelte Teil des Tals. Nach einem kurzen, aber steilen Anstieg öffnet sich ein atemberaubender Blick auf das weit verzweigte Flussdelta. Auf einer staubigen Piste nähern wir uns dem Khargush-Pass (4.344 m). Oben angekommen breitet sich vor uns das Hochplateau des Ostpamirs aus – kein Baum, kein Lärm, nur der Wind und die stille Schönheit der Natur. Am Abend erreichen die Seen Bulunkul und Yashilkul, deren Wasser in allen Blautönen schimmert. Am Ufer schlagen wir unser Camp auf, essen gemeinsam am Lagerfeuer und erleben eine Nacht unter einem schier endlosen Sternenhimmel.

Wir durchqueren das weite Hochland des Ostpamirs, wo die Erde in allen Farbtönen von Ocker bis Purpur schillert. Am Wegesrand steigt ein kleiner Geysir auf, der heißen Dampf in den Himmel spuckt. Wir machen Halt am stillgelegten Observatorium von Shorbulak, einem Relikt aus sowjetischer Zeit. Und genießen bei klarem Wetter den Blick auf den majestätischen Muztagh Ata (7.509 m) – dem „Vater des Eises“. Unser Ziel sind die heißen Quellen von Jarty Gumbez, wo wir in einem einfachen Guesthouse übernachten. Nach Stunden im Sattel bietet ein Bad im warmen Thermalwasser den perfekten Abschluss eines großartigen Fahrtages.

Noch vor dem Frühstück steigen wir in Geländewagen und fahren in eines der abgelegensten Täler – ins Reich der Marco-Polo-Schafe. Der Zorkul-Naturpark wird nicht ohne Grund als die „Serengeti Zentralasiens“ bezeichnet: Hier lebt die größte Population dieser seltenen Wildschafe mit ihren imposant geschwungenen Hörnern. Mit etwas Glück erspähen wir eine Herde dieser beeindruckenden Tiere in freier Wildbahn. Nach dem Mittagessen steigen wir wieder auf die Motorräder und fahren weiter nach Murghab, dem höchsten dauerhaft bewohnten Ort Tadschikistans.

Die Königsetappe! Wir erklimmen den Ak-Baital-Pass – mit 4.655 Metern der höchste Punkt des Pamir Highways. Vor uns eröffnet sich eine gewaltige Weite: erhabene Berge, eisige Gletscher, einsame Pisten – und dieses unvergleichliche Gefühl grenzenloser Freiheit. Auf der Strecke zum Karakul-See können wir einen Abstecher auf die Pisten am Karakulsee machen - ein Traum für jeden Endurofahrer. Im kleinen Garnisonsstädtchen Karakul übernachten wir in einem einfachen Gästehaus und erleben die herzliche Gastfreundschaft der Kirgisen, die hier im östlichen Pamir hauptsächlich leben.

Wir verabschieden uns von Tadschikistan und überqueren die Grenze zurück nach Kirgistan. Kurz hinter Sary-Tash taucht am Horizont der mächtige Pik Lenin (7.134 m) auf. Das Panorama ist überwältigend – schneebedeckte Gipfel, grüne Hochweiden, grasende Yaks und die Jurten der Nomaden. Die Nacht verbringen wir in einem traditionellen Jurtencamp, mit Blick auf die leuchtend weißen Berge – ein letzter magischer Abend im Schatten des Pamir.

Die letzte Etappe steht an. Noch einmal schwingen wir uns auf die Motorräder und kurven durch endlose Täler, überqueren kleine Flüsse, atmen den Duft des Abenteuers. Der Weg nach Osch führt durch das malerische Alai Gebirge. Das Panorama wirkt, als hätte man hier Winitou gedreht. Angekommen in Osch stoßen wir auf die unvergessliche Reise durch den Pamir an.

Wir lassen die Reise in Osch ruhig ausklingen. Nachdem wir ausgeschlafen und gemeinsam gefrühstückt haben, genießen wir die Annehmlichkeiten der Zivilisation, unternehmen eine Stadtbesichtigung und lassen am Abend beim gemeinsamen Abschlussessen die Reise Revue passieren – erfüllt von Eindrücken, die noch lange nachklingen werden.

Mit dem Transfer zum Flughafen geht eine unvergessliche Reise zu Ende – ein echtes Once-in-a-Lifetime-Erlebnis. Wir haben in ferne Horizonte geblickt – und dabei unsere eigenen erweitert. Wir sind über staubige Pisten gefahren, durch endlose Weiten und stille Täler, haben gelacht, geflucht, gestaunt – und unterwegs tiefe Freundschaften geschlossen. Was bleibt, sind Geschichten, Erinnerungen und dieses unbeschreibliche Gefühl, wahre Freiheit erlebt zu haben.